Geschichte des Sankt Martinskomitee
Rheinberg 1903
Vor 1903
Die Kinder aus den Pumpennachbarschaften ziehen mit ihren Laternen durch die Straßen und werden, Martinslieder singend, mit milden Gaben bedacht.
1903
9. November, da treffen sich auf Einladung des damaligen Bürgermeisters Roll zwölf Rheinberger Bürger im Gasthof Willicks und gründeten das Sankt Martinskomitee Rheinberg. Sie wählen aus ihrer Mitte den Schuhmachermeister Gerhard Lörx zu ihrem ersten Präsidenten. Anton Tolksdorf wird der erste Geschäftsführer des Komitees. Gerhard Lörx formuliert auch das heute noch geltende Motto des Komitees: „Alles für die lieben Kleinen“.
11. November, hier findet bereits der erste organisierte Sankt Martinszug in Rheinberg statt mit über 300 Kindern, die zur Belohnung eine Brezel erhielten. Hierfür sind in den vorangegangenen zwei Tagen 141,35 Reichsmark an Spenden gesammelt worden. Nach Abzug der Ausgaben verbleiben in der Kasse des Sankt Martinskomitees 41,29 Reichsmark als Grundstock für den nächsten Martinszug. Johann Awater ist der erste Darsteller des heiligen Sankt Martin. Zur Unterstützung der Arbeit des Komitees entscheidet die Stadtverordnetenversammlung am 19. November 1903, auf die Erhebung der „Lustbarkeitssteuer“ für die Martinsfeier zu verzichten. Im Anschluss an den Martinszug findet die – auch schon damals von den Teilnehmern selbst finanzierte – gemütliche Abschlussfeier statt. Der Präsident dankt vor allem den Helfern und regte Gedanken zur Verbesserung des nächsten Sankt Martinszuges an.
1904
Bereits 500 Kinder nehmen teil; ihre Zahl wächst in den Folgejahren durch Beteiligung der Mädchen und Jungen aus Budberg, der Bauernschaft und aus Rossenray auf über 1.000.
1914
Von 1914 bis 1921 werden wegen des Ersten Weltkrieges und seiner Folgen keine Sankt Martinszüge durchgeführt. Am 18. August 1914 wird zudem beschlossen, aus dem Kassenbestand 150 Reichsmark an den vaterländischen Frauenverein zur Unterstützung armer Kriegerfamilien zu überweisen.
1921
Am 13. Oktober legt Gerhard Lörx aus Altersgründen sein Amt nieder. Als sein Nachfolger wird einstimmig der Lehrer Martin Schmitz gewählt, der seit 1904 Mitglied des Sankt Martinskomitees ist. Der verdienstvolle bisherige Präsident wird zum Ehrenpräsidenten ernannt. Johann Weidemann ist neuer Darsteller des Sankt Martin.
1928
wird das Sankt Martinskomitee Rheinberg 25 Jahre alt. Es zählt bereits 28 Mitglieder, darunter noch zahlreiche Gründungsmitglieder. Das Jubiläum wird auch in der Chronik der evangelischen Schule unter anderem mit dem Vermerk festgehalten, dass außer dem Chronisten zwei weitere evangelische Christen – der Metzgermeister Dimmers und Stadtsekretär Reinhold – dem Komitee angehören.
1929
Schmiedemeister Theodor Gessmann löst Johann Weidemann als Darsteller des Sankt Martin ab.
1938
Am 13. November findet der letzte Martinszug vor dem Zweiten Weltkrieg statt.
1945
Am 8. November trifft sich das Sankt Martinskomitee zur ersten Sitzung nach dem Zweiten Weltkrieg. Es bestimmt Martin Schmitz einstimmig zum Präsidenten Artur Thienes zum Schriftführer und Franz Irkens zum Kassierer. Nach dem Martinszug am 11. November erhalten die Kinder eine vom Rheintorwerk Otto Terlinden gebackene Brezel zur Belohnung. Die Rohstoffe für diese 1.400 Brezel wird auf Veranlassung des „Meisters über alle Meister“, Josef Underberg, von den Pumpenmeistern mittels Brotmarken-Spenden sowie in Natura eingesammelt. Seitdem sind die Pumpenmeister mit ihren Nachbarschaften in die Sammlung für den Martinszug eingebunden und damit eine wertvolle und unverzichtbare Hilfe. Zur Abschlussfeier ist auch der englische Besatzungskommandant für Rheinberg eingeladen.
1948
Am 20. Juni, dem Tag der Währungsreform, werden aus dem Kassenbestand von 2.400 Reichsmark nunmehr 240 DM, von denen nur über 120 DM verfügt werden darf.
1953
Am 10. November wird das Sankt Martinskomitee Rheinberg 50 Jahre alt. Unter seinen 45 Mitgliedern sind noch drei Gründungsmitglieder: Prälat Dr. Aloys Wittrup, Theodor Knepper und Heinrich Stockmanns. Fast 1.700 Kinder begleiten Sankt Martin beim Umzug. Am Rathaus wird anlässlich des 50. Jubiläums ein prachtvolles Feuerwerk abgebrannt. Das Kolpinghaus ist nach dem Martinszug Ort der Festveranstaltung, die musikalisch von der Harmonie und dem Rheinberger Musikzirkel umrahmt wird.
1956
Schmiedemeister Theodor Gessmann verzichtet am 5. November nach 26 Jahren auf die Darstellung des Sankt Martin, sein Nachfolger ist Franz Irkens.
1957
Zum ersten Mal wird Sankt Martin nicht als Bischof, sondern als römischer Soldat dargestellt.
1962
Premiere: Zum ersten Mal werden in Rheinberg zwei Martinszüge gleichzeitig durchgeführt, welche im Laufe des Zuges zu einem Zug zusammengeführt werden.
1963
Das Sankt Martinskomitee Rheinberg besteht 60 Jahre; aus diesem Anlass wird eine umfassende Broschüre über das Wirken des Komitees in den vergangenen Jahrzehnten herausgegeben. Besondere Verdienste hat sich dabei Autor Präsident Martin Schmitz sen. erworben.
1965
Martin Schmitz jun. wird als Nachfolger seines Vaters zum Präsidenten gewählt, Martin Schmitz sen. zum Ehrenpräsidenten ernannt.
1966
wird am Annaberg ein dritter Teil des gleichzeitigen Zuges eingeführt.
1967
Gerd Altenhövel wird Darsteller des Sankt Martin und löst damit Fritz Bröcheler ab, der zuvor zwei Jahre lang Franz Irkens vertreten hatte.
1972
Zum ersten Mal werden eigenständige Martinszüge in der Innenstadt sowie auf dem Annaberg durchgeführt.
1977
Auf dem Markt findet nach dem Martinszug zum ersten Mal die Darstellung der Mantelteilung statt.
1978
Die Mitgliederversammlung verzichtet am 20. Oktober auf eigene besondere Jubiläumsaktivitäten zum 75jährigen Bestehen. Der Vorstand soll in den Tageszeitungen mit Bild über das Komitee und seine Arbeit berichten.
1983
19. Juni: Beim Bürgerfest stellt sich das Komitee mit Bildern aus den letzten 80 Jahren dar. Außerdem wird Sankt Martin-Darsteller Gerd Altenhövel im neuen Gewand am Stand des Komitees den Rheinbergerinnen und Rheinbern vorgestellt. Ferner nehmen die Komiteemitglieder am 2. Juni am Festumzug teil.
1985
werden Simone Gessmann und Julia Goebel Darstellerinnen des Bettlers bei der Mantelteilung – Sandra Gessmann und Julia Rabe folgen ihnen nach.
1995
wird Klaus Prophet neuer Präsident des Sankt Martinskomitees, Martin Schmitz wird Ehrenpräsident.
1998
folgt Heinz-Dieter Bartels dem viel zu früh verstorbenen Präsidenten Klaus Prophet im Amt.
2014
Erneuter Wechsel an der Spitze des Komitees: Peter Maaß wird Nachfolger von Heinz-Dieter Bartels, der nicht mehr kandidiert, weil er das Amt in jüngere Hände geben will.
2015
Pia Hemmers (Enkelin von Gerd Altenhövel) übernimmt im Martinsspiel nach dem Zug in der Rheinberger Innenstadt die Rolle des Bettlers.
2017
Clemens Geßmann wird als Nachfolger von Peter Maaß Präsident des Sankt Martinskomitees.
Ebenso wie Rheinberger Schulkinder bekommen Kinder von Flüchtlingen, die in Rheinberg aufgenommen worden sind, Martinstüten. Mit einem Flugblatt wird den Familien in ihrer Muttersprache die Martinstradition vorgestellt und das Anliegen des Martinsgedankens näher gebracht.
2019
Die Pflege des Sankt-Martins-Brauchtums erfährt eine herausragende Würdigung: Auch das Sankt Martinskomitee Rheinberg darf künftig das Logo „Immaterielles Kulturerbe Inventar NRW“ führen.
Das Sankt Martinskomitee verteilt in den Rheinberger Grundschulen Bastelbögen für Liederlaternen, die das Mitsingen von Martinsliedern bei den Zügen zum Kinderspiel machen – selbst wenn man nicht ganz so textsicher ist.
2020
In diesem Jahr gibt es in Rheinberg keinen Martinszug – Folge der Corona-Pandemie. Allerdings stellt das Sankt Martinskomitee sicher, dass die Rheinberger Mädchen und Jungen mit dem Brauchtum und mit seinem Leitgedanken verbunden sind: dem Gedanken des Teilens.
2021
Corona ist noch nicht „vorbei“. Erfreulicherweise lassen es die Rahmenbedingungen nun aber zu, dass Sankt Martin wieder über den Annaberg und durch die Innenstadt ziehen kann und dabei unter Beachtung der bestehenden Regeln von vielen Hundert Kindern begleitet wird.
2022
Das Martinskomitee Rheinberg unterstützt ein Frühstück zum Martinsfest, zu dem Kinder von Flüchtlingen in die Unterkunft am Melkweg eingeladen sind und stellt dafür 25 Martinstüten zur Verfügung.
Passgenau vor dem Martinsfest kann das Sankt Martinskomitee Rheinberg seine Homepage scharf schalten, die über seine Zielsetzung und seine Geschichte berichtet. Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen hat dieses Projekt mit einem Heimatscheck finanziell gefördert. Dafür sagen wir herzlichen Dank!!
2024
In einer Zeit, in der viele Martinskomitees in anderen Städten ihre Aktivitäten leider einschränken oder sogar einstellen mussten, blickt das Sankt Martinskomitee Rheinberg 1903 mit großer Dankbarkeit und Anerkennung auf die Unterstützung und den Rückhalt der Rheinbergerinnen und Rheinberger. Diese Solidarität ermöglicht es dem Komitee, die Tradition des Martinszugs lebendig zu halten und mit dem Martinsbrauchtum ein unvergessliches Erlebnis für Groß und Klein zu schaffen.
Die Freunde der Martinstradition in Rheinberg-Stadtmitte müssen sich in diesem Jahr umstellen. Wegen einer Baustelle der Stadt Rheinberg steht am Sonntag, 10. November, der Schulhof am Pulverturm für die Aufstellung des Martinszuges nicht zur Verfügung. Deshalb wird dafür ausnahmsweise der Große Markt genutzt, erläutert das St. Martinskomitee Rheinberg 1903.